Die Beckenbodentherapie ist eine wichtige Behandlungsmethode in der Physiotherapie, insbesondere bei Beschwerden, die in unserer Gesellschaft oft tabuisiert und unterschätzt werden. Dieser Blogbeitrag gibt einen umfassenden Einblick in den Aufbau und die Funktion des Beckenbodens, verschiedene Beschwerdebilder und den möglichen Ablauf einer physiotherapeutischen Behandlung im Therapiewerk Stuttgart West.
Was ist der "Beckenboden" und wie ist er aufgebaut?
Der Beckenboden ist ein komplexes System aus Muskeln und Bindegewebe, das den unteren Teil des knöchernen Beckens wie eine "Hängematte" ausfüllt und stützt. Er besteht aus drei Muskelschichten, die kreuzförmig von vorne nach hinten und von links nach rechts verlaufen. Diese Muskelschichten stabilisieren die inneren Organe im Beckenbereich - wie Blase, Darm und bei Frauen die Gebärmutter. Der Beckenboden kann aktiv angespannt und wieder entspannt werden, was bei alltäglichen Funktionen wie z.B. Wasserlassen, Stuhlgang oder auch beim Atmen eine zentrale Rolle spielt.
Die Hauptfunktionen des Beckenbodens
Der Beckenboden erfüllt vielfältige und wichtige Aufgaben, die weit über seine körperliche Lage hinausgehen. Dazu gehören u.a.:
Stütz- und Schutzfunktion: Der Beckenboden stabilisiert die inneren Organe (Bauchorgane und Beckenorgane) in ihrer jeweiligen Position. Insbesondere während der Schwangerschaft spielt er eine entscheidende Rolle, indem er die Gebärmutter "trägt".
Kontinenz: Der Beckenboden ermöglicht u.a. über die Schließmuskulatur die bewusste Kontrolle von Blase und Darm. Durch gezieltes An- und Entspannen reguliert er den Harn- und Stuhlgang und sorgt für Kontinenz.
Druckausgleich: Der Beckenboden reagiert reflektorisch auf alltägliche Druckveränderungen, wie sie z.B. beim Husten, Niesen, Lachen oder auch beim schweren Heben auftreten.
Sexualfunktion: Eine gut trainierte Beckenbodenmuskulatur trägt zur sexuellen Gesundheit und Empfindsamkeit bei und verhilft Männern und Frauen zu einer erfüllten Sexualität.
Körperhaltung und -stabilität: Im Zusammenspiel mit der Bauch- und Rückenmuskulatur sorgt der Beckenboden für eine aufrechte Körperhaltung und Stabilität der Wirbelsäule.
Bei welchen Beschwerden ist eine Beckenbodentherapie sinnvoll?
Eine Beckenbodentherapie kann bei einer Vielzahl von Beschwerden sinnvoll sein, die das tägliche Leben erheblich beeinträchtigen und zu einer verminderten Lebensqualität führen können. Dazu gehören beispielsweise:
Inkontinenz: Sowohl Harn- als auch Stuhlinkontinenz können durch eine Schwächung des Beckenbodens verursacht werden. Typischerweise leiden viele Frauen nach einer Geburt darunter, aber auch Männer können betroffen sein, insbesondere nach einer Prostataoperation.
Prolaps (Organvorfall): Bei manchen Frauen kann es zu einer Senkung der Gebärmutter, der Blase oder des Darms kommen, oft in Verbindung mit einer Beckenbodenschwäche.
Schmerzen im Becken und unteren Rücken: Chronische Rückenschmerzen oder Schmerzen im Beckenbereich können auf eine Beckenbodenstörung hinweisen.
Sexuelle Funktionsstörungen: Eine geschwächte oder aber auch verspannte Beckenbodenmuskulatur kann zu Schmerzen oder Funktionseinschränkungen beim Geschlechtsverkehr führen (z.B. Vaginismus).
Operationen im Beckenbereich: Patienten, die sich einer Operation im Beckenbereich unterziehen müssen, können von einer Kräftigung des Beckenbodens profitieren, um die Heilung zu fördern und Folgebeschwerden vorzubeugen.
In unserer Praxis für Physiotherapie Stuttgart West wird großen Wert darauf gelegt, dass jeder Patient individuell behandelt wird, um die beste Therapieform für die jeweiligen Beschwerden zu finden.
Was wird bei einer physiotherapeutischen Beckenbodentherapie gemacht?
Die Beckenbodentherapie besteht aus einer Reihe von gezielten Übungen und Techniken, die darauf abzielen, den Beckenboden zu kräftigen, zu entspannen und besser zu kontrollieren. Der Behandlungsablauf in der Physiotherapie besteht in der Regel aus folgenden Elementen:
Diagnostik und individuelle Beratung: Die Therapie beginnt mit einem ausführlichen Erstgespräch und einer Befunderstellung. Dabei wird festgestellt, welche Bereiche des Beckenbodens schwach oder verspannt sind und welche individuellen Ziele der Patient hat.
Sensibilisierung und Wahrnehmungsschulung: Viele Patientinnen und Patienten nehmen ihren Beckenboden kaum wahr. Ein erster Schritt ist daher oft, ein Gefühl für die verschiedenen Muskelschichten zu entwickeln. Die Physiotherapeuten zeigen gezielte Übungen, die das Erkennen und gezielte Anspannen der jeweiligen Muskulatur erleichtern.
Kräftigungsübungen: Ein Schwerpunkt der Beckenbodentherapie ist die Kräftigung des Muskelgewebes. Das Training erfolgt durch gezielte An- und Entspannungsübungen, die oft in Verbindung mit der Atmung durchgeführt werden, um die Wirkung zu maximieren.
Entspannungstechniken: Neben dem Kraftaufbau ist die Entspannung des Beckenbodens von entscheidender Bedeutung. Hier kommen Techniken wie die progressive Muskelentspannung und Atemübungen zum Einsatz, um die Muskulatur zu lockern und Verspannungen zu lösen.
Integration in den Alltag: Ein weiteres Ziel der Therapie ist es, die erlernten Übungen und Haltungen so regelmäßig wie möglich in den Alltag zu integrieren und durchzuführen - sei es beim Heben, Gehen, Sitzen oder Warten auf den Bus. So kann langfristig eine stabile Beckenbodenmuskulatur aufgebaut und erhalten werden.
(Biofeedback und Elektrostimulation: In manchen Fällen kann Biofeedback oder eine leichte Elektrostimulation helfen, die Muskeln gezielt anzusteuern und das Training zu unterstützen. Diese Form der Beckenbodentherapie wird aktuell nicht angeboten.)
Fazit
Eine starke und gesunde Beckenbodenmuskulatur ist der Schlüssel zu mehr Wohlbefinden und Selbstvertrauen im Alltag. Die Beckenbodentherapie hilft, Beschwerden wie Inkontinenz, sexuelle Funktionsstörungen oder Rückenschmerzen zu lindern und vermittelt ein positives Körpergefühl.
Im Therapiewerk Stuttgart West sind wir darauf spezialisiert, unsere Patientinnen und Patienten auf diesem Weg individuell zu begleiten. Unsere erfahrenen Therapeutinnen und Therapeuten sorgen dafür, dass Sie die für Sie passenden Übungen und Techniken erlernen und erfolgreich in Ihren Alltag integrieren können.
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